Nach dem am 07.05.2014 verkündeten Urteil des Bundesgerichtshofs können Kunden auch nach Jahren von ihrem Widerspruchrecht Gebrauch machen, wenn sie bei Abschluss ihrer Renten- und Lebensversicherungen nicht umfassend über ihre Rechte aufgeklärt worden sind. Der Bundesgerichtshof hat in dem genannten Fall zu Gunsten eines Kunden einer Versicherung entschieden, der 1998 eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte, jedoch nicht ausreichend über sein Widerspruchsrecht aufgeklärt worden war. Deshalb ist es nach Auffassung der Richter auch nach 10 Jahren noch möglich, den Vertrag zu widerrufen. Der Kunde kann deshalb dem Grunde nach Rückzahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung verlangen. Zur Höhe des Anspruchs äußerten sich die Richter nicht. Das ist nun Sache des Berufungsgerichts, in diesem Falle des Oberlandesgerichts Stuttgart. Der Bundesgerichtshof hat diesem jedoch mit auf den Weg gegeben, dass der Kläger nicht uneingeschränkt nicht alle Prämien wird verlangen können. Zur Begründung wurde angegeben, er habe schließlich über Jahre hinweg Versicherungsschutz genossen, was auch als Vermögensvorteil angesehen werden müsse (Urteil vom 07.05.2014, Az. IV ZR 76/11).
Die Entscheidung betrifft damit auch andere zwischen 1994 und Ende 2007 abgeschlossene Altverträge.
Im Mittelpunkt des Streits stand die Regelung § 5 a Versicherungsvertragsgesetz der alten Fassung, nach dessen Abs. 2 Satz 2 die Widerspruchsfrist zwar erst mit vollständiger Aufklärung über dieses Recht zu laufen beginnt; in Absatz 2 Satz 4 ist aber geregelt, dass das Recht zum Widerspruch abweichend hiervon ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Der Kläger zahlte die Prämie aber bereits im Dezember 1998.
Weil der 4. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs dies schon vor zwei Jahren für bedenklich hielt, fragte er im März 2012 bei dem Europäischen Gerichtshof nach, ob diese Regelung mit EU-Recht vereinbar ist. Der Europäische Gerichtshof entschied dann im Dezember 2013 (Urteil vom 19.12.2012, Az. C-209/12), dass das EU-Recht der Deutschen Regelung entgegensteht. Auf dieser Grundlage entschied der Bundesgerichtshof nun, dass das Widerspruchsrecht für jeden fortbesteht, der hierüber nicht belehrt worden ist.