Rechtstipp - Dezember 2017

Arzthaftungsprozess in Berufung erfolgreich nach Übergehen erheblicher Umstände in Vorinstanz 

Die Klägerin hatte in den Vorinstanzen Behandlungsfehlervorwürfe vorgetragen, die für die Bewertung erheblich waren. Die Gerichte übergingen diesen Vortrag und verletzten damit den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

Die Klägerin litt an einer chronisch-entzündlichen Erkrankung der Skelettmuskulatur (Myositis). Sie begehrte Schadensersatz und die Einstellung der Einstandspflicht der Beklagten wegen einer behauptet fehlerhaft ärztlichen Behandlung. Sie stützte sich auf ein Gutachten der Gutachter- und Schlichtungsstelle für ärztliche Behandlungen bei der Landesärztekammer Hessen. Der beauftragte Gutachter kam zu dem Ergebnis, entsprechend den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und Diagnostik von Myopathien 2008 sei eine Muskelbiopsie bereits im Rahmen der stationären Diagnostik in der Universitätsklinik der Beklagten indiziert gewesen. Die Entscheidung der Ärzte, weiterhin auf eine Biopsie ohne eine erweiterte Diagnostik (z.B. MRT) zu verzichten, sei vor dem Hintergrund deutlicher Hinweise auf eine weiterhin diagnostisch unklare Situation und einer deswegen nahe liegenden Indikation für eine Muskelbiopsie nicht nachvollziehbar.

Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage nach Einholung weiterer Gutachten ab. Die Revision wurde nicht zugelassen. Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof (BGH). Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte Erfolg und führte zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Der BGH argumentierte, das Berufungsgericht sei unter entscheidungserheblichem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu der Annahme gelangt, dass der im Jahre 2007 von ihm festgestellte Befunderhebungsfehler nicht als grober Fehler anzusehen sei. Die Klägerin hatte vorgetragen, das Unterlassen der Diagnostik beruhe nicht auf einer planmäßigen und nachvollziehbaren Entscheidung der Beklagten, sondern auf einem Organisationsfehler. In den Krankenunterlagen sei aufgrund eines Übertragungsfehlers fehlerhaft vermerkt worden, eine Muskelbiopsie sei „nicht indiziert“. Dieser erhebliche Umstand hätte vom Berufungsgericht geprüft und nicht übergangen werden dürfen. Es hätte sich in diesem Falle möglicherweise eine andere Beweislastentscheidung ergeben und damit ein anderes Ergebnis.

Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht unter anderem aufzuklären haben, weshalb die Muskelbiopsie trotz Indikation unterblieben ist sowie die auch erforderliche Muskel-MRT-Untersuchung, die ein Muskelödem oder Muskelatrophien hätte zeigen können. 

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